Schüsse in Tunis: Salafisten gegen Polizisten

Gerd R. Rueger 19.05.2013 tunisia-flag-svg

Tunis. Der Kongress der Bewegung Ansar Asharia wurde verboten, Salafisten versammelten sich dennoch: Sicherheitskräfte feuern Warnschüsse ab. Wie zu erwarten war, haben sich Anhänger der Salafisten-Bewegung Ansar Al-Sharia und Sicherheitskräfte heute gewalttätige Auseinandersetzungen geliefert. Es flogen Brandsätze und es gab Verletzte sowie  einen Toten.

Zusammenstöße meldeten Reporter der Nachrichtenagentur AFP sowohl aus der Hauptstadt Tunis als auch aus Kairouan, 150 Kilometer südlich. In Kairouan wollten die Salafisten ursprünglich ihren Kongress abhalten. Nachdem das Verbot des Kongresses unter den Salafisten bekannt geworden war, rief Ansar Al-Sharia zu einem Treffen im Stadtteil Ettadhamen im Westen von Tunis auf. Hunderte Salafisten errichteten dort Straßensperren und warfen Steine. Die Sicherheitskräfte setzten dagegen Tränengas ein und mussten sogar Warnschüsse abfeuern. Die Polizei konnte der Lage nicht alleine Herr werden und rief Einheiten der Armee und der Nationalgarde zu Hilfe, meldet der Wiener Standard.

Die größte salafistische Gruppe des Landes, Ansar Al-Sharia, rebelliert gegen den ihrer Ansicht nach zu laschen Islamismus der Ennahda. Der Kongress, den Ansar al-Scharia in der zentraltunesischen Stadt Kairouan geplant hatte, wurde vom Innenministerium wegen fehlender Genehmigung verboten. Ennahda-Chef Raschid al-Ghannouchi äußerte öffentlich seine Unterstützung für das Verbot. Nachdem es jetzt deswegen Unruhen gibt, stärkt dies die Extremisten weiter -und natürlich den tunesischen Sicherheitsapparat.

Den Salafisten scheint es dabei weniger um Religion als um politische Macht zu gehen, wofür sie von Ultra-Konservativen aus Saudi-Arabien und Qatar bezahlt und gesteuert werden, glaubt man in Tunis. Doch die Salafisten finden Anhänger: Die TV-Berieselung durch Al Dschasira und die Verlockungen des Geldes aus Qatar zeigen Wirkung bei perspektivlosen jungen Arbeitslosen. In Tunesien spielen sich inzwischen Szenen ab wie in Mali, als in Timbuktu religiöse Schreine von Extremisten zerschlagen wurden.

Durch die zunehmende öffentliche Präsenz von Salafisten und anderen radikalen Islamisten konnte sich die regierende Ennahda immer mehr als gemäßigte Partei der Mitte profilieren. Doch dieser Prozess wurde durch die Ermordung des Oppositionspolitikers Belaid empfindlich gestört. Jetzt gewinnt die Regierungskoalition ihr gemäßigt-islamisches Profil im Kampf gegen die Salafisten teilweise zurück -ein Profil, welches ihr jedoch z.B. durch unmenschlich harte Urteile gegen angebliche Beleidiger des Islam, wie etwa den zu fünf Jahren Haft verurteilten Blogger Jabeur Mejri nicht leicht abzukaufen ist.

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